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From DDR-Presse: Beitraege und Materialien

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Dieser Beitrag ist eine leicht überarbeitete Version eines gleichnamigen Artikels, den der Verfasser in der Zeitschrift „FOTOGESCHICHTE. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie“ (http://www.fotogeschichte.info) bereits publiziert hat. Siehe: Fotogeschichte 30 (2010), H. 115, S. 53-61. Beide Beiträge basieren auf der Magisterarbeit des Autors: Zentralbilder – Die Bemühungen um eine sozialistische Fotografie in der DDR 1959-1965, vorgelegt am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften, Freie Universität Berlin, 2007.
Hauptfoto: File:ADN-ZB Bildjournalisten Ulmer,  Heilig und Quaschinsky.jpg
Die Bildjournalisten Rudi Ulmer, Walter Heilig und Hans-Günter Quaschinsky von ADN-Zentralbild am V. Parteitag der SED, Juli 1958. Foto: Hein.
Zentralbilder. Pressefotografie in der DDR
von: Stefan Ulfert veröffentlicht: 18.05.2011
Die Bilder sollten um die Welt gehen. Auf Einladung des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower traf im September 1959 Nikita Chruschtschow als erster sowjetischer Regierungschef zu einem Besuch in den USA ein. Nach der Begrüßung auf dem Washingtoner Luftwaffenstützpunkt Andrews begab er sich auf eine zweiwöchige Rundreise durch das Land des „Klassenfeindes".

Aus Sorge darum, welche Bilder dieses historischen Ereignisses die Leser in der DDR zu Gesicht bekommen, versicherte sich ADN-Zentralbild (ADN-ZB), die staatliche Bildagentur der DDR, schon im Vorfeld des Besuchs der Unterstützung durch die sowjetische Schwesteragentur Fotochronik-TASS.[1] Die Bildagentur wollte damit sicherstellen, nicht allein auf die Lieferungen der kooperierenden westlichen Agenturen wie der Associated Press oder der (West-)Deutschen Presse-Agentur angewiesen zu sein. Über befreundete Redaktionen in Italien kaufte ADN-Zentralbild zusätzliche Fotos, die nach Aussage der Bildagentur „die katastrophalen Lebensverhältnisse in den amerikanischen Städten" zeigen würden. Mithilfe der TASS-Fotos, so hieß es auf der Redaktionssitzung nach dem USA-Besuch, hätte man somit in der gesamten Bildberichterstattung in den Medien der DDR nicht einzig allein auf „Fotos aus ,amerikanischer Optik'" zurückgreifen müssen. Dieser Plan sei aber fehlgeschlagen. Die eigens eingekauften Bilder von den „katastrophalen Lebensverhältnissen" in den USA hätten die Redaktionstische der DDR-Bezirkszeitungen zu spät erreicht. Im Ergebnis, so der Leiter von ADN-Zentralbild, Walter Heilig, hätte die Bildberichterstattung durch das von der Bildagentur herausgegebene Material über die USA „sehr prächtige Luftaufnahmen usw. – ein zu wirkungsvolles Bild über die USA" vermittelt. Die Strategie der kontrastierenden Pressefotografien war also in den Augen der Verantwortlichen gescheitert, und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Arbeit der einzigen Bildagentur der DDR ohnehin unter erhöhter Beobachtung stand. Erst wenige Monate zuvor war die Bildberichterstattung insgesamt von höchster Stelle kritisiert worden. Auf der 3. Pressekonferenz des Zentralkomitees der SED Mitte April 1959 hatte das Politbüro per Beschluss die Abkehr von „starren und gestellten Fotos" gefordert.[2] Pressefotografien hätten „das pulsierende Leben darzustellen und den Menschen zu zeigen, der die sozialistische Gesellschaft gestaltet" habe. Ein gutes Pressefoto, heißt es weiter, müsse „Bewegung atmen und die für das Ganze gültigen Details überzeugend ausdrücken".[3]

Bilder für die neue Generation

Dieses Beispiel aus der täglichen Redaktionsarbeit und die politischen Stellungnahmen verdeutlichen das wachsende Interesse der SED und ihrer Medieninstitutionen an der Pressefotografie, deutlich sichtbar ab Ende der 1950er-Jahre. Die Verantwortlichen waren sich bewusst, dass man im Bereich der Pressefotografie dringend Bildkonzeptionen finden müsse, welche die parteipolitischen Vorgaben mit den gestiegenen Ansprüchen an einen modernen, zeitgemäßen Bildjournalismus, auch in Konkurrenz zum Fernsehen, miteinander verbinden konnten.[4] Die Erwartungen an die Medien waren diesbezüglich groß. Das galt insbesondere nach dem V. Parteitag der SED 1958. Dort hatte die Partei das „Ganze", dessen Details die Bilder auszudrücken hätten, neu definiert. Walter Ulbricht sprach an dieser Stelle euphorisch von der „neuen sozialistischen Umwälzung" und proklamierte, dass „das Reich des neuen Menschen […] gekommen" sei.[5] Verstärkt wurde diese Debatte nach dem Bau der Mauer 1961, der eine kurze Phase der Liberalisierung in der Medien- und Kulturpolitik einleiten sollte.[6] Die Zielgruppe eines modernisierten Medienangebots war vor allem die Nachkriegsgeneration. Die DDR sollte als junger und dynamischer Staat präsentiert werden, um gerade den Jüngeren ein stärkeres Identifikationsangebot bereitzustellen – und zwar mit Bildern, die zeigen sollten, „wie die Menschen arbeiten, wie sie durch die sozialistische Gemeinschaftsarbeit immer neue Erfolge erringen und wie die ständige Aufwärtsentwicklung in unserer Republik ihr Leben reicher und schöner macht".[7]

Dieses Ziel stärkte den Wunsch nach einer funktionalen Ikonografie, welche die Gegenwart des „modernen, neuen Deutschlands" – wie es auf dem VII. Parteitag 1963 formuliert wurde – angemessen wiedergeben könne.[8] Vom Medium Pressefotografie wurde von offizieller Stelle dabei viel erwartet, was auf der 4. Journalistenkonferenz Ende 1964 abermals bekräftigt wurde.[9] Fast alle monografischen Publikationen zum Thema Bildjournalismus erschienen in diesen Jahren – und wurden bis 1989 auch nicht mehr wesentlich überarbeitet.[10]

Die Institution der staatlichen Bilderwelt

Charakterisiert man die publizistische Bilderwelt der DDR, kann die Agentur ADN-Zentralbild, als eine Abteilung des staatlichen Nachrichtendienstes ADN, als Epizentrum der „staatstragenden Bilder in den linientreuen Massenmedien" bezeichnet werden.[11] Die Geschichte dieser Agentur ist die einer dauerhaften Einbindung von Fotografie in die politische Agitation.[12] Zentralbild versorgte die gesamte Publizistik der DDR mit aktuellen Inlands- und Auslandsbildern sowie das Ausland mit Bildern aus der DDR. Ihre Sichtweise war unmissverständlich definiert: „Die Bildagentur des sozialistischen Staates ist eine ideologische Institution, die bestimmte Erscheinungen der gegenständlichen Wirklichkeit vom Standpunkt der Arbeiterklasse auswertet."[13] Hierbei verließ sich die SED-Führung in der Regel auf die bildjournalistische Arbeit vor Ort oder in den Agenturräumen. Angesichts drohender Konsequenzen für die berufliche Stellung oder Karriere im Falle der Beanstandung durch die Auswertungsabteilungen des ZK oder des Presseamts funktionierte bereits die eigene „Schere im Kopf" und machte eine (Vor-)Zensur weitestgehend überflüssig. Fotos nicht erwünschter „Erscheinungen" wurden gar nicht erst gemacht.[14] Im Aktenbestand des Politbüros und der ZK-Abteilung Agitation und Propaganda finden sich fernschriftliche Presseanweisungen, die nahezu ausschließlich die Wortberichterstattung betrafen, kaum jedoch „optische Presseanweisungen", also Vorgaben für Fotografen.[15] Tauchten dennoch einmal nicht „passende" Bilder in den Redaktionen auf, wie beispielsweise Aufnahmen von Funktionären, die aufgrund von Parteisäuberungen oder politischen Richtungswechseln in Ungnade gefallen waren,[16] so verschwanden diese im Sperrarchiv.[17] In besonders heiklen Fällen bediente man sich verschärfter Kontrollmaßnahmen, wie der Flugzeugabsturz einer Interflug-Maschine in Königs Wusterhausen 1972 illustriert: Mit Ausnahme der zur Veröffentlichung freigegebenen Bilder mussten alle Negative an das Presseamt beim Ministerpräsidenten übergeben werden.[18] All dies geschah unter Kontrolle und Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit, das von Anfang an methodisch gegen unliebsame Bilder arbeitete.[19]

Von ILLUS zu Zentralbild

Aufforderung der SMAD Ende Oktober 1945, das Scherl-Archiv dem Allgemeinen Deutschen Verlag zur treuhänderischen Verwaltung zu übergeben.

Die Wurzeln von ADN-Zentralbild gehen – wie die des ADN – auf die Arbeit der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) und deren Gründung der „Berliner Zeitung" 1945 zurück.[20] Nachdem die SMAD relativ schnell die Kontrolle der Zeitung dem Magistrat für Groß-Berlin übergab, gehörte die „Berliner Zeitung" zunächst zum Allgemeinen Deutschen Verlag.[21] Diesem war auch eine kleine dreiköpfige Illustrationsabteilung, kurz ILLUS angeschlossen, die laut Statut für den Vertrieb von Bildern verantwortlich war und schlagartig wuchs, als ihr Ende Oktober 1945 die SMAD einen großen Teil des Bildarchivs vom ehemaligen Berliner Scherl-Verlag zuwies.[22]

Ab Ende 1945 gehörte ILLUS offiziell dem Berliner Verlag an, der sich als GmbH Anfang Oktober 1945 aus der „Berliner Zeitung", dem Verlag Neuer Weg und der Gesellschaft zur Erforschung zeitgenössischer Dokumente mit Erlaubnis des Magistrats gegründet hatte.[23] Zusammen mit den Bildern wechselten auch neun Mitarbeiter vom Scherl-Archiv zu ILLUS, darunter auch dessen Leiter Dr. Robert von Wahlert, der bei ILLUS diese Position weiter ausübte, und der erste ILLUS-Bildreporter Bruno Heinscher.[24] Bis Ende 1946 ging es bei der Illustrationsabteilung weniger um die Produktion eigener Bilder als um die Sichtung des übergebenen Scherl-Archivs sowie um die Belieferung der „Berliner Zeitung" und der Presse in der SBZ mit Archivmaterial.[25] Man arbeitete aus diesem Grund eng mit dem Sowjetischen Nachrichtenbüro und dessen Fotoabteilung zusammen.[26] Erst ab dem Frühjahr 1947 wurden weitere Bildreporter fest angestellt, und es wurde mit dem Vertrieb aktueller Bilder begonnen. Mit dem zweiten Bildreporter, Walter Heilig, kam auch Helmut Rudolph zu ILLUS und – nur für kurze Zeit – Kurt Reimann, ebenfalls ein ehemaliger Angestellter des Scherl-Archivs. Parallel kaufte die kleine Agentur Bilder von frei arbeitenden Fotografen an.[27] Aus einem vermutlich Anfang 1948 von Walter Heilig verfassten Personalplan für ILLUS geht hervor, dass Heinscher und Reimann nicht lange dort beschäftigt gewesen sein können.[28] In dem Plan werden für den Aufbau eines festen Stamms von zehn Bildjournalisten neben den schon vorhandenen Fotografen Eva Kemlein, Walter Heilig und Helmut Rudolph weiterhin vorgeschlagen: Herbert Hensky, Albert Kolbe, Paul Iglarz, Herbert Blunck, das Duo Toby (vermutlich Günther Meyer) und Mady (Meyer) sowie Otto Donath.[29] Eva Kemlein kam 1948 zu ILLUS, blieb aber nur bis 1950. Bis zu ihrem Wechsel zu ILLUS war sie Bildreporterin der „Berliner Zeitung".[30] Es werden allerdings auch Fotografen genannt, die nach Ansicht Heiligs nicht in Betracht kommen würden.[31]

Die erste ILLUS-Anzeige Februar 1948.

Bis zu Beginn der 1950er-Jahre wuchs ILLUS kontinuierlich. Nachdem das Sowjetische Nachrichtenbüro aufgelöst wurde, erhielt die Abteilung das Recht auf den Alleinvertrieb der Bilder der sowjetischen Agentur Fotochronik-TASS und damit das Monopol in der Auslandsberichterstattung.[32] Die Illustrationsabteilung des Berliner Verlags war zu „ILLUS, Illustrations-Zentrale für Presse, Buch und Werbung, dem größten deutschen Pressearchiv" geworden, wie in der ersten Werbeanzeige in dem Verbandsorgan „Neue Deutsche Presse" im Februar 1948 zu lesen war.

ILLUS-Anzeige Oktober 1948.
ILLUS-Anzeige Mai 1950.

Die in der Folgezeit erscheinenden Anzeigen verdeutlichen, wie sich das politische System nach und nach in die Pressefotografie einschrieb.[33] Mit der Gründung der DDR und der endgültigen Übernahme des stalinistischen Modells der „Presse neuen Typs" musste die SED-Führung feststellen, dass die Presse als „schärfste Waffe der Partei" bisher unterschätzt worden sei.[34] Die Ansprüche stiegen – und ILLUS wuchs sowohl hinsichtlich der Auftragslage als auch personell. Anfang des Jahres 1950 wurde die Agentur weiter ausgebaut und neue Bildreporter eingestellt. So stieß insbesondere Horst Sturm dazu, der mit Walter Heilig und Erich Zühlsdorf zu den prägenden Fotografen der Aufbauphase gehören sollte.[35] Es folgten Fotografen wie Hans-Günter Quaschinsky oder Peter Heinz Junge im Juni 1951, die ebenfalls zur ersten Generation der DDR-Bildreporter zu zählen sind.[36]

ILLUS als Helfer der demokratischen Presse 1951.

Ende 1951 war die kleine Illustrationsabteilung endgültig zu „eine[m] Helfer der demokratischen Presse im Kampf für den Frieden" geworden. Aus diesem Grund war es 1952 laut offizieller Sicht „zweckmäßig, notwendig und entsprechend der Perspektive der Agentur richtig", ILLUS aus dem Berliner Verlag herauszulösen und als Zentrale Bildstelle, kurz: Zentral-Bild GmbH, in die Eigenständigkeit zu überführen.[37] Bereits 1951 erschien die erste Anzeige von Zentral-Bild.

Die erste Anzeige von Zentral-Bild im Dezember 1951.

Doch nicht allein die „Perspektive der Agentur" war ausschlaggebend für die Herauslösung. Dahinter stand vielmehr das Amt für Information, das zu diesem Zeitpunkt wichtigste Instrument staatlicher Medienlenkung.

Die endgültige Verstaatlichung

Anfang 1955 wurde darüber nachgedacht, Zentralbild an den ADN anzuschließen. Der Doppelcharakter von Zentralbild als volkseigener Betrieb und als „Regierungsstelle" bereitete Probleme, sowohl in Fragen der Leistungsfähigkeit, der Rentabilität als auch der Leitung. Zu diesem Ergebnis kam eine interne Untersuchung durch die ZK-Abteilung Presse und Rundfunk, die zunächst nur eine enge Verbindung zwischen ADN und Zentralbild vorschlug.[38] Dieses Ergebnis der Untersuchung wurde allerdings ignoriert. Schon wenige Monate später wurde Zentral-Bild vollständig in den ADN integriert. Die erhofften Synergieeffekte von Wort- und Bildberichterstattung blieben allerdings aus. In einer verbandsinternen Debatte stellte man fest, dass noch mehr zu tun sei, um „neue Formen der Bildpublizistik und Bildjournalistik" zu entwickeln.[39] 1957 gewann diese Diskussion mit einem Artikel in der „Neuen Deutschen Presse" erneut an Bedeutung.[40] In dieser Kritik wurde Zentralbild zwar nicht namentlich genannt, die Antwort der Agentur ließ trotzdem nicht lange auf sich warten. Dort wurde dem Verfasser zumindest teilweise Recht gegeben.[41] Intern arbeitete man weiter an einer Lösung der Probleme. Im Frühjahr 1958 bat der ADN die ZK-Abteilung Agitation und Propaganda, für einen aktuellen Bilderdienst Verbindungen nach Westdeutschland sowie Westeuropa aufnehmen zu dürfen.[42] Aber auch unmittelbar nach der 3. Pressekonferenz mit ihrer programmatischen Forderung nach einem neuen sozialistischen Pressebild und mit Blick auf die geplante Medienoffensive mahnte die ZK-Abteilung Agitation an, dass die „prinzipielle Rolle von ADN-Zentralbild" im Verhältnis zwischen sozialistischer Presse und ADN zu klären sei.[43]

Eine weitere, direkte Reaktion auf die Forderungen der Pressekonferenz war eine internationale Konferenz von Bildjournalisten, die 1960 unter gemeinsamer Federführung des ADN mit dem Verband Deutscher Journalisten (VDJ, ehemals VDP) und dem Internationalen Journalistenverband (IOJ) durchgeführt wurde.[44] Parallel dazu fand die erste internationale Fotoausstellung „Interpress-Foto 1960" statt, auf der Bilder sowohl aus sozialistischen als auch kapitalistischen Ländern präsentiert wurden. Man wollte sich betont offen zeigen.[45] Von Konferenz wie Ausstellung zeigte sich der Gastgeber Zentralbild zufrieden: Man hätte erreicht, Fotos mit einer politischen Aussage zu prämieren, „die der Zielsetzung der IOJ dienlich sind".[46] Auf der anderen Seite wären die sozialistischen Bilder immer noch zu starr, um „unserem Inhalt noch stärker Ausdruck zu verleihen".[47] An dieser Stelle bemängelte Walter Heilig erneut das zu geringe Engagement der eigenen Bildreporter, Bilder einzuschicken – ein Problem, das die Ausstellungen des Verbands auch in Zukunft stets begleiten sollte. So zeigte er sich unzufrieden mit der zeitgleich stattfindenden kleineren und bisher nicht beachteten Ausstellung, die unter dem Titel „Pressefotos aus der DDR – Bildjournalisten berichten" eine Art erste Leistungsschau darstellte. Einem zwangsläufigen Vergleich mit der „Interpress" könnten die Bilder nicht standhalten, so das deutliche Urteil.[48]

Das Jahr 1963 – Der Höhepunkt der Auseinandersetzung

Im Jahr 1963 erreichte die Auseinandersetzung um die Qualität der Nachrichtenfotos von Zentralbild und die Suche nach einer sozialistischen Pressefotografie ihren ersten Höhepunkt. Konferenzen, Publikationen und Ausstellungen wie die 1. Pressefotoschau der DDR sollten endlich den anvisierten Bildjournalismus sichtbar werden lassen. ADN-Zentralbild wurde weiterhin offen für sein Bildangebot kritisiert.[49] Die Kritik umfasste aber zudem Fragen nach der Wirtschaftlichkeit und reichte bis zur Infragestellung der Konzeption der Agentur selbst.[50] Andererseits wollte man auch die Redaktionen unter Druck setzen. Zentralbild wurde aufgefordert, eine „Aussprache mit dem zuständigen Genossen des ZK [anzustreben, um] über Möglichkeiten des Einwirkens auf die Presse hinsichtlich eines stärkeren Abdrucks guter ZB-Fotos [zu sprechen]".[51] Die Qualität der Bilder, so wiederum die Kritik aus den Redaktionen, sei (ob Ost oder West) oft sehr schlecht, Bilder würden zu spät geliefert oder wichtige Ereignisse gänzlich fehlen.[52]

Die Auseinandersetzungen im Jahr 1963 mündeten in einem offenen Gespräch Anfang September und wenige Wochen darauf in einer Zentralvorstandssitzung des Journalistenverbands in Berlin. An dem Gespräch mit der „Neuen Deutschen Presse" beteiligte sich die gesamte Leitung des ADN-Zentralbilds.[53] Hier wurden die Kritikpunkte gebündelt formuliert. Die Bilder Zentralbilds seien immer noch zu schablonenhaft und routiniert und ließen nach wie vor eine breite Motivauswahl vermissen, insbesondere vom Kulturleben.[54] Als Ursachen wurden angeführt: Unzulänglichkeiten im Vertrieb, zu wenig Personal, die Raumnot sowie die räumliche Trennung zwischen der Leitung, der Redaktion ADN-Zentralbild und den Wortredaktionen des ADN. Aber auch die mangelnde systematische politische und fachliche Qualifizierung wurde für das schlechte Angebot verantwortlich gemacht. Erstmals befasste sich anschließend auch das höchste Gremium des VDJ ausschließlich mit „Stand und Perspektive der Bildjournalistik".[55] Schon in der Konzeptionsphase der Sitzung vermerkte man den Rückstand in der bildjournalistischen Arbeit.[56] Mit der obligatorisch gewordenen Erinnerung an die 3. Pressekonferenz 1959 stellte der Vorstand fest, dass gerade bei Tageszeitungen „Primitivität und der Schematismus" besonders stark in Erscheinung treten würden.[57] Die großen Schwächen wären, so der Vorstand weiter, Bilder aus Politik und Alltag.[58] Diese Worte bezogen sich auch auf die zu diesem Zeitpunkt laufende 1. Pressefotoschau der DDR. Hier hätte, so das Protokoll, „fast völlig die Darstellung unseres breiten demokratischen Lebens, an dem jeder Bürger irgendwie teilhat [gefehlt]. Gleichzeitig wird das Neue in den menschlichen Beziehungen und im gesellschaftlichen Leben noch zu wenig dargestellt."[59] Eine Ausstellung wie diese sollte im Jahr des VI. Parteitags und der Verabschiedung des „Neuen Ökonomischen Systems der Leitung und Planung"[60] die passenden Bilder liefern. Über 185 Fotografen folgten dem im April 1963 veröffentlichten Aufruf des VDJ und der Zentralen Kommission Fotografie (ZKF) zur Teilnahme an einem Wettbewerb zum Thema: „Unsere Republik – Zukunft der Deutschen Nation".[61] Erstmalig zeige eine Ausstellung, so die Organisatoren, gleichberechtigt die Bilder von Fotokorrespondenten, Amateuren und Bildreportern. Die Ausstellung sei in enger Verbindung mit der im Frühjahr 1963 gemeinsamen abgegebenen Erklärung des VDJ und der ZKF zu sehen.[62] In der Eröffnungsrede am 25. September 1963 verwies Werner Eberlein, Mitglied der Agitationskommission beim Politbüro des ZK der SED, auf die in knapp einem Monat stattfindenden Volkswahlen.[63]

Werner Eberlein von der Agitationskommission des ZK der SED eröffnet im September 1963 die 1. Pressefotoschau des VDJ.

Als „Rechenschaftsbericht unseres Lebens", so Eberlein, würde die erste Ausstellung dieser Art das gesetzte Motto erreichen und die DDR als Zukunft der Deutschen Nation zeigen.[64] Wie schon im Vorfeld der Ausstellung bedauerte man auch an dieser Stelle ausdrücklich das Fehlen von bekannten Profifotografen. Konrad von Billerbeck[65] sprach in seiner Eröffnungsrede zur Sitzung offen von „Disziplinlosigkeit".[66] Das wiederholt auftretende Desinteresse an Ausstellungen wie der 1. Pressefotoschau oder auch der III. Interpress in Warschau war gut anderthalb Jahre später der offizielle Auslöser zur Gründung der Fotogruppe „signum".[67] Konkret war diese Gruppe das Ergebnis einer Beratung des Präsidiums und der Berliner Bezirksdelegiertenversammlung im März 1965.[68] An dieser Stelle wurde über die Schaffung einer Journalisten-Akademie gesprochen als Ergänzung zur Deutschen Journalistenschule in Leipzig und den dort angesiedelten „journalistischen Meisterklassen"[69]. Als solche Meisterklasse wurde in einer der folgenden Sitzungen auch „signum" bezeichnet.[70] Diese zunächst dreizehnköpfige Fotogruppe unter der Leitung Konrad von Billerbecks versammelte viele DDR-Fotografen der ersten Generation wie Herbert Fiebig, Horst Sturm, Herbert Hensky oder Alfred Paszkowiak.[71]

Auf der VDJ-Sitzung 1963 unterstrich man am Ende noch einmal deutlich den Propaganda- bzw. den Erziehungsauftrag des Bildjournalisten. Ziel müsse es sein, eine erzieherische Wirkung gegenüber dem Bildbetrachter zu erreichen. Ein sozialistischer Bildjournalismus könne sich nicht darin erschöpfen, „daß [...] der Leser kühl und sachlich ein Bild registriert, sondern daß er von einem Vorgang innerlich bewegt wird, daß er mitfühlt mit den abgebildeten Menschen, daß er an ihren Handlungen seine eigene Handlungsweise überprüft und, wenn nötig, auch korrigiert. Bildjournalismus ist – wir müssen es wiederholen – eine Form der ideologischen Arbeit."[72]

Ideologische Festigung des Mediums

Diese Aussage als auch die skizzierten Einblicke in die Geschichte der Bildagentur und die Debatten über die Pressefotografie zeigen, dass es an politisch-normativen Vorgaben für das Pressebild nicht mangelte. Einen wichtigen Beitrag dazu lieferten die Theorien des sozialistischen Bildjournalismus. Der größte argumentative Aufwand galt dabei der Einheit von journalistischer Objektivität und Parteilichkeit: Erst der parteilich agierende, typisierend auswählende Bildreporter könne „objektive" und „wahrhaftige" Pressebilder herstellen. Die daraus entwickelten „Prinzipien sozialistischer Bildnachrichtenpolitik" blieben für den bildjournalistischen Alltag jedoch folgenlos. Ähnliches gilt für die ebenfalls Anfang der 1960er-Jahre einsetzende Rezeption der Arbeiterfotografie der 1920er-Jahre.[73] Die in der Debatte nach 1959 oft bemühte historische Kontinuitätslinie zur Fotografie der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung" (A.I.Z.), welche als Vorläufer der eigenen publizistischen Bilderwelt bemüht wurde, war mehr ein Postulat als eine Tatsache. Die Tradition der Arbeiterfotografie konnte in der DDR zu keinem Zeitpunkt ernsthaft wiederaufleben.[74] Gleiches gilt für den Versuch, über die Zentrale Kommission für Fotografie Amateure als Fotokorrespondenten für die Arbeit in den Medien nachhaltig zu begeistern.[75] Auf Seiten des Verbands wurde auch versucht, mit neuen Ausbildungsrichtlinien, mit der Arbeit in den Sektionen und pressefotografischen Ausstellungen Anschluss zu finden. Doch zufriedenstellend waren die Ergebnisse nur selten. Noch 1968 nahm der Verband sich vor, „mehr als bisher, Kenntnisse über die Arbeit mit dem Bild zu vermitteln".[76]

Selbst nach Meinung der maßgeblichen Akteure wie dem Journalistenverband oder ADN-Zentralbild wurde man den formulierten Zielen sozialistischer Bildpolitik nicht gerecht. Doch welche Pressefotografien den dargestellten Anforderungen hätten gerecht werden können, blieb trotz aller ideologischer Klärungsversuche, Verweise auf die Arbeiterfotografie oder neuerlicher Pressefotoschauen weitestgehend unklar.

Trugbilder autoritärer Bildpolitik

Die staatlich kontrollierte Bilderwelt sollte wie die Medien insgesamt die Bevölkerung mobilisieren und in das politische System integrieren, was eine hohe Akzeptanz seitens der Bevölkerung voraussetzte. Das war aber nicht der Fall. Der journalistischen Professionalisierung, die diese Akzeptanz hätte herstellen können, waren enge Grenzen gesetzt, vor allem durch die auf Machtsicherung fixierte autoritäre Grundstruktur der Medien, aber auch durch die stets knappen wirtschaftlichen Mittel. Diese Grenzen galten für ADN-Zentralbild im zweifachen Sinne, wie die Jahre 1962/63 deutlich zeigen. Erstens litt die Agentur organisatorisch permanent unter finanziellen, personellen und technischen Problemen. Dem Ziel einer „sozialistischen Weltagentur" näherte man sich allein aus diesen Gründen bis 1989 nicht.[77] Zweitens wirkten diese ideologischen Grenzen auch auf die produzierten Bilder selbst: Die häufig beklagte „Schablone" war nichts anderes als die Schablone eines politischen Systems, das den nicht-starren, offenen Blick und dessen bildliche Dokumentation fürchtete. Indem die SED-Medienpolitik die Eigendynamiken journalistischer Professionalisierungen mit ideologischen Grenzen konfrontierte und überlagerte, schuf man – vor allem in der politischen Berichterstattung – eine auf Dauer ritualisierte, entleerte (und letztlich auch gescheiterte) Medienpropaganda.[78]

So wie sich ein Großteil der Bevölkerung immer mehr gegen die Bleiwüsten in der Zeitung immunisierte, so wirkungslos wurden auf Dauer die Bildlandschaften des Mitte der 1960er-Jahre ausgerufenen „neuen Antlitz des Sozialismus", der Protokollbilder des reisenden Staatsratsvorsitzenden oder der Bilder von überglücklichen Menschen am 1. Mai. Diese Fotografien reproduzierten über vierzig Jahre lang eine offizielle Ikonografie einer Gesellschaft, in der sich zweifach Ideologie einschreiben sollte – zum einen in die Realität und zum anderen in Zentralbildern, die vorgaben, diese Realität wiederzugeben.

Anmerkungen

  1. Vgl. Bericht von Walter Heilig an das ADN-Redaktionskollegium vom 29.9.1959, in: BArch-SAPMO, DC 900/ I/160. Die folgenden Ausführungen und ausgewiesenen Zitate sind diesem Bericht entnommen.
  2. Die Presse – kollektiver Organisator der sozialistischen Gestaltung, Die 3. Pressekonferenz des ZK der SED. 17. und 18. April 1959 in Leipzig, Berlin 1959, S. 208f.
  3. Ebd. Innerhalb der Führungsspitze der sozialistischen Fotoagenturen kursierte schon länger die Rede vom „gestellten Foto”. Anlässlich einer gemeinsamen Beratung der Chefredakteure der Fotoagenturen 1956 in Prag sprach Kusowkin, Leiter der Fotochronik-TASS, erstmals von gestellten Fotos und dem „falschen Rubel”. Gespräch mit Walter Heilig am 27.6.2006. Dazu: Horst Sturm, Gegen den falschen Rubel, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 10, S. 10. Die „Neue Deutsche Presse“ (NDP) wurde vom Verband der Deutschen Presse herausgegeben, der 1959 in den Verband der Deutschen Journalisten (VDJ) umbenannt wurde.
  4. Karin Thomas, Kunst in Deutschland seit 1945, Köln 2004, S. 123. Man reagierte auch auf die im Westen erhobenen Forderungen nach einer „Rangerhöhung der Fotografie”, wie Fritz Schimmer in seinem gleichnamigen Buch 1958. Fritz Schimmer, Rangerhöhung der Fotografie, Halle 1958.
  5. Neues Deutschland, 1.10.1959, zitiert nach: Armin Mitter/Stefan Wolle, Untergang auf Raten. Unbekannte Kapitel der DDR-Geschichte, München 1995, S. 302. Dazu: Mary Fulbrook, Methodologische Überlegungen zu einer Gesellschaftsgeschichte der DDR, in: Richard Bessel/Ralph Jessen (Hrsg.), Die Grenzen der Diktatur. Staat und Gesellschaft in der DDR, Göttingen 1996, S. 274-297, hier S. 274.
  6. Allgemein dazu: Jörn Schütrumpf, Eine kurze Phase beginnender Liberalisierung, in: Dieter Vorsteher (Hrsg.), Parteiauftrag. Ein neues Deutschland. Bilder, Rituale und Symbole der früheren DDR, München,1997, S. 80-87. Darüber hinaus zu den Diskussionen in den anderen Medien: Im Filmbereich vgl. Hans Müncheberg, Zur Geschichte der Fernsehdramatik in der DDR, in: Heide Riedel (Hrsg.), Mit uns zieht die neue Zeit. 40 Jahre DDR-Medien, Berlin 1994, S. 94-104; zum Radio am Beispiel des Jugendprogramms DT 64: Heiner Stahl, Agit-Pop. Das Jugendradio DT 64 in den swingenden sechziger Jahren, in: Klaus Arnold/Christoph Classen (Hrsg.), Zwischen Pop und Propaganda. Radio in der DDR, Berlin 2004, S. 229-247.
  7. Fotowettbewerb Zentralbild, in: Neue Deutsche Presse 13 (1965), H. 10, S. 11. So der Wortlaut eines Aufrufs zu einem Fotowettbewerb unter den Bildreportern von ADN-Zentralbild, welcher der „Popularisierung” des 10. Jahrestages der DDR dienen sollte.
  8. Stefan Doernberg, Kurze Geschichte der DDR, 4. überarb. Auflage Berlin 1969, S. 464.
  9. Vgl. Walter Heilig, Das Nachrichtenfoto in Form und Inhalt verbessern, in: Ideologische Waffen für Frieden und Sozialismus. Die Aufgaben von Presse, Rundfunk und Fernsehen beim umfassenden Aufbau des Sozialismus in der DDR. 4. Journalistenkonferenz des Zentralkomitees der SED 11. und 12. Dezember 1964, Berlin 1965, S. 182-186.
  10. Bernd Lindner, Ein Land – zwei Bildwelten. Fotografie und Öffentlichkeit in der DDR, in: Karin Hartewig/Alf Lüdtke (Hrsg.), Die DDR im Bild. Zum Gebrauch der Fotografie im anderen deutschen Staat, Göttingen 2004, S. 189-206, hier S. 189.
  11. Ebd., S. 189f.; dazu: Stefan Wolle, Die Diktatur der schönen Bilder. Zur politischen Ikonographie der SED-Diktatur, in: Deutsche Fotografie. Macht eines Mediums 1870-1970, hg. v. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1997, S. 174-185.
  12. Ulrich Domröse (Hrsg.), Nichts ist so einfach wie es scheint. Ostdeutsche Photographie 1945-1989, Katalog zur Ausstellung, Berlinische Galerie, Berlin 1992, S. 9-18, hier S. 9.
  13. Heinz Frotscher, Entwicklung, Aufgaben und Funktion der Bildagentur des ADN/Zentralbild und die Wirksamkeit ihrer Bildinformationen in der Tagespresse der DDR 1963/64, Diss., Karl-Marx-Universität Leipzig (Fakultät für Journalistik), April 1965, S. 84. Drei Jahre später in der offiziellen Schriftenreihe des VDJ in einer stark überarbeiteten Form erschienen: Das journalistische Foto. Teil I/II, Heft 42/43, Schriftenreihe des VDJ, Brandenburg 1968.
  14. Gunter Holzweißig, Zensur ohne Zensor. Die SED-Informationsdiktatur, Bonn 1997; ders., Die schärfste Waffe der Partei. Eine Mediengeschichte der DDR, Köln 2002, bes. S. 1-8. Bei wichtigen Ereignissen ging man kein Risiko ein: Während des V. Parteitages 1958 sollte ein Mitarbeiter der Abteilung Agitation und Propaganda jedes Bild kontrollieren. Undatierter Vorschlag zum organisatorischen Ablauf des V. Parteitages 1958, vgl. BArch-SAPMO, DY 30 IV/1/V/14.
  15. Jürgen Wilke, Presseanweisungen im zwanzigsten Jahrhundert. Erster Weltkrieg – Drittes Reich – DDR, Köln 2007, S. 285f.
  16. Vgl. Gunter Holzweißig, Quellenkundliche Anmerkungen zur DDR-Historiografie. Materialien aus dem Bundesarchiv, Bremerhaven 2006, S. 159-171.
  17. Brigitte Kuhl/Oliver Sander, Der Sozialismus siegt oder Der offizielle Blick. Die fotografische Überlieferung der DDR im Spiegel eines Bundesarchiv-Bestands, in: Rundbrief Fotografie, Vol. 13, No. 4 /N.F. 52, Dezember 2006, S. 5-10, hier S. 6.
  18. Schreiben von Heinz Frotscher vom 13.10.1972 an das Presseamt beim Ministerpräsidenten, BArch-SAPMO, DC 900/II/453.
  19. Vgl. Karin Hartewig, Das Auge der Partei. Fotografie und Staatssicherheit, Berlin 2004, hier S. 223f. Langjährige Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit observierten die angestellten Bildreporter. Eine Schlüsselrolle spielte dabei Walter Heilig, einer der ersten Fotografen von ILLUS und der langjährige Leiter der späteren Bildabteilung des ADN, der fast vierzig Jahre dem Dienst zuarbeitete. Die Staatssicherheit war stets bemüht, so Hartewig, Bildreporter von Zentral-Bild als Informanten zu gewinnen. Häufig gelang es Fotografen und Bildreportern, sich den Forderungen der Staatssicherheit durch Passivität zu entziehen. Ebd.
  20. Vgl. Peter Strunk, Zensur und Zensoren. Medienkontrolle und Propagandapolitik unter sowjetischer Besatzungsherrschaft in Deutschland, Berlin 1996, S. 14f. Sowie zum ADN: Michael Minholz/Uwe Stirnberg, Der Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst (ADN). Gute Nachrichten für die SED, München 1995, das bis heute maßgebliche Buch zum ADN.
  21. Der Allgemeine Deutsche Verlag wurde unter der Leitung von Friedrich Notz von der SMAD am 29. Juli 1945 lizenziert. Siehe Lizenzurkunde, in: LAB (Landesarchiv Berlin), C Rep 120, Nr. 763.
  22. Vgl. Kopie der SMAD-Anordnung in Frotscher, ADN/Zentralbild, S. 30, Anlage 1.
  23. Magistratssitzung vom 1.10.1945, in: LAB, C Rep 100-105, Nr. 762, Bl. 5 sowie LAB, C Rep 120, Nr. 795, Bl. 12. Lizenzträger waren Chefredakteur Rudolf Herrnstadt, sein Stellvertreter Gerhart Kegel, kaufmännischer Direktor wurde Albert Callam. In der Berliner Verlags GmbH erschien ebenfalls die „Neue Berliner Illustrierte“ (NBI), „Die Frau von Heute“, das Jugendmagazin „Start“ und die Zeitschrift „Demokratischer Aufbau“. Im Oktober 1949 wurde Kegel abgelöst, und Hermann Leupold übernahm den Posten des Geschäftsführers, BArch-SAPMO, DY 63/3555. Kuhl/Sander bemerken, dass ILLUS zunächst dem Allgemeinen Deutschen Verlag zugeordnet war – „aus dem später der Berliner Verlag wurde”, in: dies., Sozialismus siegt, hier S. 5. Doch auch nach der Gründung des Berliner Verlags blieb der Allgemeine Deutsche Verlag bestehen. Friedrich Notz’ Antrag auf Gründung einer GmbH wurde im Mai 1947 von der Abteilung Volksbildung stattgegeben. Vgl. ebd. Nach Notz amtierten folgende Personen als Verlagsleiter: Max Martin, Hermann Levy, Ilse Schmidt-Wagemann und Hans Fleischer.
  24. Vgl. Frotscher, ADN/Zentralbild, S. 32.
  25. Ebd., S. 34.
  26. Ebd., S. 40; sowie: Walter Heilig, Aufgabe und Organisation von ADN-Zentralbild, in: Das Bild in der Presse, 1965, S. 213-218.
  27. So warnte der freie Bildreporter Herbert Sonnenfeld im August 1947 auf einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Bildreporter vor ILLUS, die „gute Arbeiten [abnimmt], für 10,- Mark kauft und sie dann ohne Namen des Bildreporters weiter [vertreibt]. Ein völlig asoziales Verhalten”. BArch-SAPMO, DY 10/4.
  28. Personalplan für ILLUS von Walter Heilig, Anfang 1948, Privatarchiv Heilig. Dieser Plan enthält eine Übersicht über „vorhandene“ Bildreporter und Fotografen, die zur Anstellung empfohlen oder nicht empfohlen werden.
  29. Die meisten der vorgeschlagenen Bildreporter waren Mitglied des Journalistenverbandes, wie eine Mitgliedsliste vom 4.10.1949 vermerkt, anhand derer die vollständigen Namen rekonstruiert werden konnten. BArch-SAPMO, DY 10/4.
  30. Es ist davon auszugehen, dass Eva Kemlein die erste fest angestellte Bildreporterin der „Berliner Zeitung“ war. Sie schilderte Jahrzehnte später, dass es zum Zeitpunkt ihres Starts bei der „Berliner Zeitung“ keine Technik zur Fotoentwicklung gegeben habe: „sie wusste kaum, wie ein Film eingelegt wird”, in: Wenn man heute dran zurückdenkt. Episoden vom schweren Anfang mit der Kamera, Neue Deutsche Presse 24 (1970), H. 9, S. 17. Zu der Situation und den Gründen ihres Weggangs von ILLUS: „Fest angestellt ist nicht mein Ding. Man muss tun, was einem gesagt wird. Und in der damaligen Zeit waren das Versammlungen, eine nach der anderen. Es war fürchterlich. Von früh bis spät, und immer wieder dasselbe”, aus: „Hast du noch 'ne Kamera?“. Die Fotografin Eva Kemlein – eine Berliner Chronistin, in: Berlinische Monatsschrift 6 (1997), H. 3, S. 44-65, hier. S. 47.
  31. So nennt Heilig Fotografen wie die beiden Reporter der „Täglichen Rundschau“, Edmund Thiele und Leon Müller – beide „politisch völlig indifferent” (Heilig) –, Gerhard Fleischer vom „Nachtexpress“, das Duo Herbert Sonnenfeld und dessen „fotografierender Teil” Willy Jacobson („beide schon etwas zu alt“) sowie Peter Cürlis und Heinz Schaaf, aus: Entwurf eines Personalplans für ILLUS von Walter Heilig, vermutlich 1948, Privatarchiv Heilig.
  32. Frotscher, ADN/Zentralbild, S. 40.
  33. Ludger Derenthal, Bilder der Trümmer- und Aufbaujahre. Fotografie im sich teilenden Deutschland, Marburg 1999, S. 15.
  34. Unsere Presse – die schärfste Waffe der Partei, Referate und Diskussionsreden auf der Pressekonferenz des Parteivorstandes der SED vom 9.-10. Februar 1950 in Berlin, Berlin 1951.
  35. Erich Zühlsdorf kam ungefähr im Oktober 1949 zu ILLUS, wie seine ersten Fotos nahelegen.
  36. Junge beschreibt knapp zwanzig Jahre später die Arbeit bei ILLUS so: „Immer diesen Zeitdruck im Nacken, alles nach Stoppuhr, immer schneller als die anderen, das war nichts für mich.”, in: Neue Deutsche Presse 21 (1970), H. 11, S. 17. Ein weiterer festangestellter Bildreporter war bis 1951 Kurt Kümpfel, wie aus einer Aktennotiz vom 23.5.1951 für das VDP-Sekretariat hervorgeht. Vgl. BArch-SAPMO, DY 10/4.
  37. Frotscher, ADN/Zentralbild, S. 47.
  38. Bericht vom 10. März 1955 von der Überprüfung 1.-11. Februar 1955, BArch-SAPMO, DC 900/ I/153 AZ 2140.
  39. Rudolf Greiser, Leiter von ADN-Zentralbild, vor der Berliner VDP-Sektion (Verband Deutscher Journalisten) der Bildreporter bei der Berliner Bezirksdelegiertenkonferenz am 28. April 1956, LAB, C Rep 060 - 26, S. 54-58, hier S. 56.
  40. Vgl. Konrad von Billerbeck, Gedanken zur Bildarbeit, in: Neue Deutsche Presse 11 (1957), H. 8, S. 24-27.
  41. Walter Heilig, Voraussetzungen und Probleme des Nachrichtenfotos, in: Neue Deutsche Presse 11 (1957), H. 9, S. 27-32.
  42. Brief der ADN-Direktorin Deba Wieland an ZK-Sekretär für Agitation und Propaganda, Horst Sindermann, BArch-SAPMO, DY 30 2/9.02/Nr. 69, Bl. 70.
  43. Bericht des Sektors Presse der ZK-Abteilung Agitation und Propaganda, BArch-SAPMO, DY 30/V 2/9.02/536.
  44. Protokoll der Präsidiumssitzung des VDJ vom 15.6.1959, BArch-SAPMO, DY 10/12.
  45. Ebd.
  46. Kurzeinschätzung „Interpress 1960” von Walter Heilig am 29.4.1960 (Privatarchiv Walter Heilig).
  47. Ebd.
  48. Ebd.
  49. Vgl. G. Eckart, Antwort an Zentralbild, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 1, S. 20.
  50. Vorgebracht vom Leiter der ADN-Auslandsredaktion, Artur Mannbar, auf einer Direktionssitzung am 11. April 1962, BArch-SAPMO, DC 900 I/174 a. AZ 2140.
  51. Ebd.
  52. Vgl. Eckart, Antwort an Zentralbild, S. 20; Fred Schreiner, Unsere Wünsche an Zentralbild, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 6, S. 29-30; Hermann Remy, Weitere Wünsche an Zentralbild, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 7, S. 25; Christian Friedel, Mehr Sorgfalt bei der Bildauswahl, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 8, S. 22.
  53. Vgl. Unsere Wünsche an Zentralbild, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 10, S. 9-11, hier S. 11.
  54. Ebd., S. 10. Die Rede von den „Schablonen“ war auch in der Auseinandersetzung um die Wortberichterstattung durchaus gängig. Vgl. Wolfgang Böttger, Wie entstehen Sprachschablonen, in: Neue Deutsche Presse 14 (1960), H. 3, S. 50-53.
  55. Konzeption zur Vorbereitung und Durchführung der Zentralvorstandssitzung zu Fragen des Bildjournalismus vom 16. Juli 1963, BArch-SAPMO, DY 10/29.
  56. Ebd.
  57. Konrad von Billerbeck, Stand und Perspektive der Bildjournalistik, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 12, S. 3-7.
  58. Protokoll der Zentralvorstandssitzung des VDJ am 30. Oktober 1963, BArch-SAPMO, DY 10/29 (Hervorhebung im Original). Billerbeck kritisierte auch hier die mangelnde Teilnahme von Profifotografen, ebd.
  59. Ebd.
  60. sup> </sup>Zur NÖSPL in der Presse siehe den Beitrag von André Steiner auf diesem Portal: …
  61. Werner Eberlein eröffnete Pressefotoschau, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 10, S. 2.
  62. Gemeinsames Ziel: Bessere Pressefotos, in: ebd., S. 22.
  63. Vgl. ebd., S. 2.
  64. Ebd.
  65. Billerbeck war lange Jahre Bildredakteur bei der Zeitschrift „Für Dich“ und hatte leitende Funktionen innerhalb des VDJ, so zum Beispiel die Leitung der Berliner Sektion der Bildjournalisten.
  66. Protokoll der Zentralvorstandssitzung zum Thema Bildjournalismus am 30.10.1963, BArch-SAPMO, DY 10/29. Die mangelnde Beteiligung seitens der professionellen Bildreporter begleitete beinahe jedes Ausstellungsvorhaben. Auch auf der für den Kulturbund wichtigen IV. Fotoschau knapp zwei Jahre zuvor kritisierte man diesen Umstand öffentlich. Vgl. Bildjournalismus und IV. Fotoschau, in: Neue Deutsche Presse 15 (1961), H. 5.
  67. „signum-Gruppe” der Bildjournalisten, in: Neue Deutsche Presse 19 (1965), H. 5, S. 20.
  68. Protokoll der Berliner Bezirksdelegiertenkonferenz VDJ vom 4.2.1965, LAB, C Rep 060-26, Nr. 224.
  69. Ebd.
  70. Berliner Bezirksdelegiertenkonferenz VDJ, Aktennotiz vom 16.10.1965, LAB, C Rep 060-26, Nr. 211, S. 4. Wie der Name der Gruppe zustande kam, lässt sich nicht aus dem Archivmaterial rekonstruieren.
  71. Ebd. Weitere Mitglieder waren: Gerhard Murza (Chefbildreporter beim „Neuen Deutschland“), Gerhard Kiesling, Hans-Joachim Mollenschott (genannt: Jochen Moll), Herbert Hensky (alle bei der „Neue Berliner Illustrierte“), Erika Bach, Heinz Krüger, Lotti Ortner, Wilfried Swoboda (Bildchef beim „Neuen Deutschland“), Ulrich Kohls und Peter Heinz Junge von ADN-ZB.
  72. Ebd.
  73. Vgl. Walter Uka, Zur Rezeption der Arbeiterfotografie in Ost und West nach 1945, in: Diethart Kerbs/Walter Uka (Hrsg.), Fotografie und Bildpublizistik in der Weimarer Republik, Bönen 2004, S. 208-220, hier S. 210; Rolf Sachsse, Die Erziehung zum Wegsehen. Fotografie im NS-Staat, Dresden 2003, S. 236.
  74. Ebd.
  75. Vgl. Hans Sambale, Amateurfotografen und Tagespresse, in: Fotografie 14 (1960), H. 8, S. 309-310; Alfred Ehlers, Fotoamateure werden Fotokorrespondenten, in: Neue Deutsche Presse 16 (1962), H. 3, S. 17. Die gemeinsame Erklärung zwischen dem VDJ und ZKF 1963 ist abgedruckt in: Gemeinsames Ziel: Bessere Pressefotos, in: Neue Deutsche Presse 17 (1963), H. 5, S. 22.
  76. Grußschreiben vom VIII. VDJ-Kongress im Dezember 1967, abgedruckt in: Neue Deutsche Presse 23 (1968), H. 2, S. 5-26, hier S. 113 (Hervorhebung nicht im Original).
  77. Vgl. Minholz/Stirnberg, ADN, S. 124.
  78. Richard Bessel/Ralph Jessen, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Die Grenzen der Diktatur, S. 7-23, S. 15; zur gescheiterten Medienpolitik: Klaus Schroeder, Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR, München 1998, S. 571; Michael Kuhlmann, Fernsehen in der DDR, Siegen 1997, S. 112.
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